Die Dokumentation kann angesehen werden unter: https://vimeo.com/269854131 Passwort: networkIn der Schlüsselszene des Films erlebt man mit, wie Menschen ins Visier der Drohnenkrieger geraten – sie glauben Kinder zu erkennen, eine Frau mit einem Baby, höchstwahrscheinlich also Zivilisten – und trotzdem schießen sie die Drohne ab. Regisseurin Sonia Kennebeck hat diese Szene visuell rekonstruiert, der Funkverkehr ist original. Er zeigt vor allem, dass Behauptungen über die Drohnenangriffe falsch sind. Sie treffen nicht nur einzelne. Und sie treffen Zivilisten. Der Drohnenkrieg ist kein „sauberer Krieg“.
Der Film erzählt von den Folgen des Drohnenkriegs auf zwei Seiten. Da sind einerseits die Menschen, die die Drohnen bedienen und von weit weg auf einen Knopf drücken. Was macht diese Tötungsarbeit, die wie ein Videospiel aussieht, mit den Menschen? Und da sind die unmittelbaren Opfer des Drohnenkriegs in Afghanistan, die der tödlichen Waffe nicht ausweichen können.
Für die Drohnenkrieger stehen drei Protagonisten in diesem Film, die sich kritisch gegen den Krieg wenden und die selbst davon schwer beschädigt sind. Alle drei sind als Whistleblower an die Öffentlichkeit gegangen. Heather Linebaugh kritisiert, dass die Verantwortung in der Befehlskette auf so viele Schultern verteilt ist, dass die Verantwortung dadurch schwindet. Es macht sie kaputt, dass sie nicht weiß, am Tod wie vieler Menschen sie beteiligt war. Sie leidet unter einem Posttraumatischen Belastungssyndrom und kämpft darum, als schwerbeschädigt anerkannt zu werden.
Auch Lisa Ling war als Bildanalystin an Operationen beteiligt. Sie hat nie selber auf den Knopf gedrückt. Eines Tages reist sie nach Afghanistan, um mit eigenen Augen zu sehen, was die Drohnen bei den Menschen angerichtet haben. Sie sei, sagt sie, beteiligt gewesen an 121.000 Aktionen „gegen aufständische Ziele“. Das sagt etwas über die Dimensionen des Drohnenkriegs.
Daniel arbeitete für mehrere Geheimdienste, ist jetzt politischer Aktivist. Sein Motiv, an die Öffentlichkeit zu gehen, ist die Intransparenz dieses Drohnenkriegs, das öffentliche Lügen darüber. Er drückt sich oft nur sehr vorsichtig und schwammig aus, er hat Angst, über ihm schwebt die Drohung, von der Regierung nach dem espionage act angeklagt und verurteilt zu werden. Das könnte Jahrzehnte im Gefängnis bedeuten.
Zu der Schlüsselszene des Films gehören auch Bilder, die afghanische Zivilisten von der Heimkehr der Toten gedreht haben, schlichte, verschwommene Videobilder. Aber Beweise. Einwohner heben die Decken von den Toten, können hier jemanden identifizieren und da, man hört die Schreie der Überlebenden. Dieser Szene kann man sich schwer entziehen.
Und das ist auch die besondere dokumentarische Leistung des Films. In der Realität liegen Ursache und Wirkung tausende Kilometer weit auseinander. Hier wird gestorben und dort muss niemand Verantwortung übernehmen. Der Film knüpft Ursache und Wirkung wieder zusammen. Stellt den Zusammenhang her zwischen Joystick und Beinprothese. Im Krankenhaus in Kabul schwenkt die Kamera auf eine lange Reihe von Aktenordnern, greift einen heraus, auf dem Ordner steht: „Amputationen bei Männern 55501 - 56000“.
Links:
Amerikas Drohnenkrieger - Der Dokumentarfilm "National Bird" (Das Erste)
Wolf sieht fern: Amerikas Drohnenkrieger. Von Sonia KennebeckDrohnenkrieg - Obamas tödliches Erbe (Deutschlandfunk)
„National Bird“: Unter Druck (Tagesspiegel)
Kritik zu National Bird (epd Film)
Filmkritik (Programmkino.de)
(In Kooperation mit dem Grimme-Institut)