Anwaltsschreiben statt Antworten- das sind oft die Reaktion der Verantwortlichen auf Rechercheanfragen von Journalisten. Insbesondere für Promis und Firmen ist das Routine. In den Schreiben wird die Recherche, oft auch ohne Anhaltspunkte, diskreditiert, für die eigenen Mandanten wird auch mal die Unwahrheit behauptet oder die Rechtslage verzerrt dargestellt. Anders als die Anwälte vorab versichern und "vorsorglich schon jetzt ankündigen" kommt es nach der erfolgten Berichterstattung dann aber fast nie zu juristischen Auseinandersetzungen, geschweige denn zu einer Beschwerde oder Unterlassungsaufforderung.
Je nach Thema können dem Rechercheur vor der Veröffentlichung noch ganz andere Reaktionen begegnen: Verbale Drohungen, ein social-media-shitstorm, Diskreditierung bei anderen Gesprächspartnern und sogar Gewalt.
Beides, Anwaltsschreiben und andere Einschüchterungsversuche während der Recherche, sind Thema dieses Panels.
Petra Reski, die sehr viel zur Mafia in Deutschland recherchiert hat, beklagt, dass all diese Versuche, Recherchen zu behindern und zu ersticken, schon Wirkung zeigen: Weil ein Klima der Angst entsteht, die Schere im Kopf der/s AutorIn und die in der Hand der verantwortlichen Redakteure in Gang gesetzt wird. Aus Vorsicht oder weil es z.B. eine juristische Auseinandersetzung nicht wert ist, wird vorauseilend gestrichen, umformuliert oder ein ganzes Thema - wie die Mafia - vermieden.
Tobias Wolf wurde eine Schraube mit viel Kraftaufwand in den Autoreifen gedreht. Er berichtet regelmäßig über die Pegida in Sachsen und kennt zahlreiche Formen der Einschüchterung - nur bislang lässt ihn und seine Kollegen das kalt. Und so berichtet er nach Pegida nun auch viel über die AfD. Die schloss ihn vom Parteitag aus, weil er einen Antifa-Aufkleber auf dem Handy habe. Abgesehen davon, dass das eine fragwürdige Begründung ist, stimmte sie nicht - alternative Fakten als Grundlage eines Parteitagsbeschlusses.
Christian Fuchs hat regelmäßig mit solchen Anfeindungen zu tun; ihn ärgert am meisten, dass schon abgeblockt wird, wenn er noch mitten in der Recherche ist und das Ergebnis seiner Berichterstattung noch gar nicht feststeht.
Links:
Ein schwarzer Tag für die Meinungsfreiheit (www.petrareski.com)
Wächterpreis für die Sächsische Zeitung (sz-online.de)