Einen Tag nachdem Anfang November das Landwirtschaftsministerium in Brüssel für die verlängerte Zulassung des Unkrautvernichters Glyphosat stimmte und damit gegen die Absprache mit dem SPD-geführten Umweltministerium, saß die WDR-Reporterin Lena Kampf unter strenger Aufsicht vor einem Aktenberg in Bonn. Aus den Unterlagen, die sie nach einem IFG-Antrag einsehen konnte, ging hervor, dass der Bruch der Koalitionsvereinbarung seitens des zuständigen Fachreferats schon von langer Hand geplant war. Ein bisschen Reporterglück - ein bisschen strategische Antragstellung, und im Ergebnis eine Meldung in der Tagesschau.
Ebenso spannende interne Einblicke konnte Claudia von Salzen für den Tagesspiegel gewinnen: Kaum war die neue Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries im Amt, da stand schon Altkanzler Gerhard Schröder auf der Matte, um für die Erdgas-Pipeline Nord Stream 2 zu werben. Den Chef des russischen Energiekonzerns Gazprom brachte er zu dem Treffen gleich mit. Wie Schröder in Berlin als Lobbyist und Türöffner für Gazprom tätig ist, hat der Tagesspiegel ebenfalls anhand von internen Dokumenten aus dem Wirtschaftsministerium enthüllt. Doch wieso hat die Reporterin Akteneinsicht bekommen, obwohl Schröder der Herausgabe nicht zugestimmt hatte? Und wie ließ sich ermitteln, wer der geheimnisvolle Gast war, dessen Name in den Unterlagen geschwärzt wurde?
Hans-Martin Tillack vom stern berichtete Ende vorigen Jahres darüber, wie vor allem die CSU-geführten Ministerien ihren Mitarbeiterstab mit der Vorbereitung von Wahlkampfauftritten beschäftigt hatten – eine Aufgabe, die eindeutig der Partei zuzurechnen und deshalb von der Amtsrolle zu trennen ist. Um das Ministerium zur Herausgabe von Unterlagen zu bewegen, holte sich der Reporter Schützenhilfe von der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit.
Mit dem Informationsfreiheitsgesetz entstehen, richtig eingesetzt, große Geschichten und Schlagzeilen. Wie IFG-Anträge, langfristig geplant, zum Termingeschäft werden können, bei welchen Themen sie sich lohne wie man bei Widerständen am besten vorgeht, das soll bei diesem Praxisworkshop diskutiert werden.
Links zu den dazugehörigen Artikeln:
Weiterführende Links: